Samstag, 1. Dezember 2012

Love can climb a mountain...

Standort: Mount Kinabalu, Mount Kinabalu National Park, Kota Belud, Sabah, Malaysia
...sprach Benni und buchte für uns den zweitägigen Trip: Besteigung des Mount Kinabalu, 8,5km Strecke mit 4.095 Höhenmeter.
Der Mount Kinabalu ist Malaysias höchster Berg und der umgebende Nationalpark gehört mittlerweile zum UNESCO Welterbe. Mit 4095 Metern ist er der höchste Berg zwischen Himalaya und Neuguinea, der höchste Berg Südostasiens.

Klingt ja soweit alles erstmal gut...

Am Donnerstag früh um 5:30h klingelte der Wecker... Gepackt hatten wir schon am Abend davor und so standen wir um 6:15 Uhr bereit, als uns ein Fahrer am Hotel abholte um uns zur Registrierungs-Station und an den Fuße des Berges zu bringen.
Dort trafen wir auf viele andere, die auch diesen Trip gebucht haben. Ich betrachte mir ihre Ausrüstung: Treckingschuhe, professionelle Wanderstöcke, Jack Wolfskin Jacke, Handschuhe, etc. und schaute dann an uns runter... Hm. Okay. Immerhin haben wir heute mal die Flip Flops gegen Turnschuhe getauscht, ein paar dicke Kleider hatte ich für Fälle wie diesen noch aufgehoben und zur Not heißt es wohl Zähne zusammen beißen...

Wir bekommen also unser Registrierungsnummer, ein Lunchpaket für unterwegs (jetzt muss man das auch noch mitschleppen?!), einen Reiseleiter an die Seite (ohne diesen darf man den Berg nämlich nicht besteigen) und werden an den Punkt 0km auf 2000 Höhenmeter gebracht.
Los geht's!
Die ersten 500m waren ein Klacks. Ein paar Treppenstufen runter, ein bisschen über Steine klettern, vorbei an einem Wasserfall und wieder ein paar Treppenstufen hoch. Da stand das erste Schild schon vor mir: 0,5km erreicht!
Ich war so zuversichtlich.... Kaum zu glauben, dass ich kurz darauf bereits irgendwo zwischen 0,5km und 1,0km schon zu fluchen anfing... Und das nicht nur innerlich, sondern lautstark!

Ich hatte mich überhaupt nicht informiert und wäre beinah die ersten km wieder zurück gepurzelt, als Benni mir erklärte, was wir uns da vorgenommen haben... Unser Guide sagt uns, dass man normal am ersten Tag ca. 4- 5 Stunden braucht. Mittlerweile sind wir schon 30 Minuten unterwegs und ich fühle mich, als wären die 5 Stunden schon um - ohne Land in Sicht.
Alle 0,5km steht ein Schild, wieviel man schon zurück gelegt hat, was sehr motivierend wäre, wenn nicht darüber der weitere Verlauf bis zum Gipfel eingezeichnet wäre... Zwischendurch kommen immer mal wieder kleine Hütten, an denen man sich ausruhen und frisches Wasser aus einem Kanister zapfen kann. Diese nutzten wir alle!!!

Meine Mama hat mir noch gesagt, welche tolle Pflanzen und Blumen man auf dem "Wanderweg" (ich nenne ihn eher Höllenpfad) entdecken kann, aber ich war so konzentriert auf die Steine, die mir in den Weg gelegt waren, dass ich auf der ganzen Strecke nur den Boden betrachtete. Man hörte auch zwischendurch mal Tiergeräusche, aber ich hatte kein Interesse diesen irgendwie nachzugehen. Das einzige Tier, dass wir entdeckten, war ein Murmeltier, dass erst unser Lunchpaket klauen wollte und dann Benni Angriff. (Fotos)

Bei ca. 4km sagte mir Benni, dass es nicht nur 5km, sondern irgendwie doch 6km sind, die wir heute zu bewältigen haben. Ich war stinke wütend und wollte nie wieder ein Wort reden - aber es hatte ja auch was Gutes: In der Nacht ist es dann 1km weniger zu klettern...dachte ich...bis ich erfuhr, dass wir nicht nur auf 7,5km, sondern 8,5km rauf müssen!!! Ich fühlte mich betrogen... Und war noch wütender, als ich es eh schon war. Ich hasste Benni, den Reiseführer, den Berg sowieso und am meisten die entgegenkommenden Wanderer, die alles hinter sich hatten und freundlich mit "hello & good luck" grüßten.

Wir kamen nach gut 5 Stunden am ersten Ziel an, eine Hütte auf 3272,7m (zum Vergleich: 310,7m höher als die Zugspitze) in der wir die Zeit verbringen, bis es in der Nacht weiter gehen soll. Wir checkten in unser Zimmer ein, dass wir uns mit 3 anderen teilten und legten uns direkt erstmal in die Betten. Benni schlief nach ca. 10 Sekunden ein, während es mir auf einmal immer schlechter ging. Ich dachte kurz drüber nach, ob mich irgendwas gestochen hat und ich Malaria habe, aber die Symptome waren dieselben, die ich auch in Tibet schon hatte. Ich komme wohl mir der Höhe nicht klar. Ich hatte so Kopfschmerzen und mir war übel, dass ich mich nicht bewegen konnte.
Gegen Abend wurde ein Buffet aufgebaut. Wir gingen in den Speisesaal und beim Anblick rannte ich sofort wieder ins Zimmer und legte mich hin. Wie sehr tat mir das vor allem für die Menschen leid, die mit Körben auf dem Rücken das Essen diesen Berg hochtragen mussten. (Foto!) Es war wohl auch sehr lecker - aber mir war so schlecht, dass ich es nicht mal sehen konnte.
Also ab ins Bett, eine Aspirin gegen die Kopfschmerzen. Etwas gegen Übelkeit liegt 3000m weiter unten bei unseren Rucksäcken im Spind... Schade... In 6 Stunden sollte es weiter gehen - wir sind uns beide ziemlich sicher, dass hier für mich die Tour zu Ende ist...
Die komplette Montur hatte ich aber schon angezogen, weil ich jetzt auch noch so dolle fror, dass ich ,ich mit dicken Socken, Hose und Winterjacke schlafen legte.

Gegen halb 2 wachten wir auf und es ging mir Gott sei dank besser. Wir hatten zwar beide Kopfschmerzen und bekamen schlecht Luft, aber das geht wohl den meisten so, die nicht gerade täglich auf solch eine Höhe steigen.
Wir machten uns fertig und unser Guide fragte, ob wir Stirnlampen haben. Klar, sowas hat man doch schließlich immer in der Tasche... Wir werden beim weiteren Aufstieg unsere Hände für die Seile und Geländer brauchen, da nützt uns unsere Taschenlampe aus dem 1 Euro Shop nichts. (Bis gestern hatten wir sogar noch 2 davon, eine ist beim Ausprobieren direkt kaputt gegangen...) Was soll's, sind ja doch nicht zu brauchen.
Ein Notfallplan muss her. Zum Glück hatte ich ja noch meine Nikolausmütze mit Blinklichtern. Leider funktionierten die Batterien nicht mehr. Ich war das letzte mal wohl zu lange auf dem Weihnachtsmarkt, oder die Mütze ist mir mal in den Glühwein gefallen - beides möglich. Aber Benni hat schon eine neue Idee. Alles was wir brauchen ist: eine Tischlampe, ein Stirnband, ein Handy mit Taschenlampen-App und ganz viel Gaffa-Tape.
Während ich mich auf den weiteren Anstieg seelisch und moralisch vorbereitete, bastelt Benni fleißig und heraus kam eine Stirnlampe für mich und eine Umhängelampe für sich. Sieht blöd aus, erfüllt aber seinen Zweck. (Foto!) Jetzt fehlen nur noch Handschuhe. Wir zogen uns Socken über die Hände und waren ausgefallen, aber zweckmäßig bestens ausgestattet. Jetzt kann nichts mehr schief gehen - wäre da nur nicht der Berg...
Wir klettern los und nach ca. 10 Minuten kommen mir die Tränen und ich war bereit einfach auf einem Stein sitzen zu bleiben und nie wieder aufzustehen. Alle anderen überholten uns, unser Guide war schon über allen Bergen und ich schmollte. Als keine Stirnlampe der anderen mehr zu sehen war, stapfte ich nach dem Motto "Love can climb a Mountain" weiter - irgendwie wollte ich ja auch Benni nicht enttäuschen. Im Nachhinein wäre es bestimmt schöner für ihn ohne mich gewesen, da meine Eigenmotivation darin bestand, über seine (scheiss) Idee zu schimpfen und ihn dafür anzuschreien...

Hier als Beispiel ein kleiner Dialog:
Ich: Man jetzt lauf doch bitte mal langsamer, ich kann nicht mehr!!!
Benni: Entschuldigung. Lauf du doch am besten vor mir.
Ich: Nein. Dann fühle ich mich von hinten bedrängt.
Benni: Okay, ich lauf langsamer.
Ich: Sei jetzt ruhig, ich will nicht reden.

Dafür, dass Benni unseren Ausflug anfangs als Spaziergängle bezeichnete, schnaufte er übrigens ganz schön dolle. Ich sag dazu ja nur: selbst Schuld, er wollte es ja so!

Nach ca. 1 Stunde änderte sich der Boden von Stufen und Steinen zu Felswänden, an denen man sich mit Seilen hochziehen musste. Wenigstens mal Abwechslung, wenn auch kaum weniger anstrengend... Es war noch mitten in der Nacht und man sah nicht wirklich was neben einem so los war - aber in dieser Höhe war sowieso jeder mit sich beschäftigt und schaute nur auf die eigenen Füße. Jeder hat mittlerweile seine eigene Technik entwickelt. Ich achtete bei jedem Schritt darauf, dass ich möglichst niedrige Stufen erwische, während Benni das ganze mit "Hühnerdäpperle" anging. Inzwischen haben wir übrigens wieder erstaunlich gut aufgeholt. Es tut mir gut zu sehen, dass auf dem Weg immer wieder Leute sitzen oder liegen, bei denen man nicht weiß, ob sie sich nur ausruhen oder Hilfe brauchen. Es geht nicht nur mir so... Auch viele andere sitzen heulend auf dem Boden. Viele drehen sogar um.
Aber wie gesagt, wir sind wieder im Rennen!!!
Fast am Ziel angekommen muss man sich registrieren lassen - ich hoffe für den Mitarbeiter, dass er dort oben wohnt und nicht jeden Tag diesen Höllenpfad laufen muss... Mittlerweile ist mir klar, warum die so einen Trubel um die Registrierung machen und man nicht ohne Guide klettern darf.

Wir sehen mittlerweile schon den Gipfel des Berges und bereits die ersten Lämpchen der Leute, die es schon nach ganz oben geschafft haben. Es ist immer noch dunkel und wir geben die Hoffnung fast schon auf, den Sonnenaufgang von ganz oben sehen zu können... ABER: wir haben es geschafft!!!! Um Punkt 5:50Uhr (malaysische Ortszeit) saßen wir auf dem höchsten Punkt Südostasiens, sahen auf der einen Seite den Vollmond, während gegenüber die Sonne aufging!
Dann zogen wir uns die Inlineskates an und fuhren in einem Stück nach unten...
Das wäre zu schön gewesen. Wer nämlich denkt, dass der Abstieg besser ist als der Aufstieg, der ist noch nie geklettert. Der Abgang bis zu unserer Hütte ging noch gut. Dort 1 Stunde Verschnaufpause und dann mussten die letzten 6km angegangen werden. Ich wollte nur noch runter, gab mächtig Gas und nach ungefähr 2 Stunden saß ich mit Tränen in den Augen (schon das bestimmt fünfte mal seit gestern) mal wieder auf nem Stein und konnte nicht mehr laufen. Auf dem Weg nach oben war es zwar anstrengender, weil die Luft so dünn wird und man das Gefühl hat, das das Herz explodiert, aber auf dem Rückweg tut einfach nur noch alles weh. Man weiß nicht mehr, wie man die Stufen nehmen soll und hat seine Füße nicht mehr unter Kontrolle. Während bei Benni die Knie schlotterten und merkwürdige Geräusche machten, hatte ich mit meinen Sneakers zu kämpfen und rutschte immer mal aus und schrie einige Male: aua, mein Knöchel!

Wir hatten es fast geschafft und standen beim 0,5km-Schild. Vorbei an dem Wasserfall, einem steinigen Weg und wer aufgepasst hat, erinnert sich sicher an die paar Treppenstufen, mit denen alles begann. Die musste man jetzt irgendwie wieder hoch. Also ca. 15 Meter vor dem Ziel setzte ich mich hin und drohte damit heulen zu müssen, wenn ich noch eine von diesen Stufen gehen muss. Mit ca. 3 Pausen auf den 15 Meter (der Guide war schon sichtlich unruhig, weil das sicher von seiner Freizeit abging), erreichten wir das Ziel und bekamen unsere Urkunde überreicht. (Foto) Es wäre angebracht gewesen, Benni eine Urkunde mit "sehr erfolgreicher Aufstieg" zu überreichen, wobei ich wohl mit einer Teilnahmebescheinigung noch sehr gut weg gekommen wäre. (Das war für uns beide mit Abstand das anstrengendste, das wir jemals gemacht haben! Und ich würde es niemals wieder tun und habe Respekt vor den Mitarbeitern des Naturparks, sowie vor allen, die Bergsteigen als ihr Hobby beschreiben!!!)

Gegen 17h waren wir wieder im Hotel, legten uns ins Bett und schliefen bis heute morgen durch und wachten mit einem schönen Muskelkater auf. Gott sei dank mussten wir heute nicht sonderlich viel tun, außer Flugzeugtreppen hoch und runter zu steigen, was allerdings auch schon lustig aussah und sehr schmerzhaft war...

Die Uhr wieder eine Stunde zurück: Hallo Indonesien! Eigentlich wollten wir heute noch was Essen und Trinken gehen, da man dafür aber laufen muss, haben wir uns deluxe für den Zimmerservice und Pizza im Bett entschieden.

Der erste Eindruck von Jakarta ist super, aber morgen werden wir die Stadt genauer unter die Lupe nehmen. Mal sehen, ob hier die Ladegeräte eine bessere Qualität haben - das aus Thailand ist heute morgen kaputt gegangen. Außerdem ist der Bildschirm meines iPads heute morgen zersprungen. Falls man nichts mehr von uns hört, wisst ihr warum...

Malaysia war mit Abstand das bisher abwechslungsreichste Land. Wir würden jedem Reisenden den Tipp geben, einige Tage in Borneo zu verbringen!!! Das Zitats aus dem Lonely Planet hat sich bestätigt und sobald der Muskelkater nachlässt, werde ich gerne an die letzten Tage zurückdenken.

Weisheit:
Ab sofort übernehme ich wieder die Planung unserer Ausflüge.

Zur Info:
weitere Flüge sind gebucht. Am 15.12. geht's von Bali nach Kuala Lumpur und von dort ein paar Stunden später nach Australien Gold Coast. (Der "kleine" Umweg macht das Flugticket erheblich günstiger!) Von dort geht 6 Tage später der Flug nach Sydney, von wo ein Tag später, am 23.12., die Kreuzfahrt startet. Bis 15.12. werden wir jetzt durch Java reisen mit dem Endziel: Bali & Lombok!









































2 Kommentare:

  1. Voll toll! Hier ist SchneeschneeSchnee angesagt....;-)!

    Gaaaanz viel Spass euch beiden!
    Kristina

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  2. Zitate von www.climbmtkinabalu.com:

    To avoid disappointment, it's best to know what you're letting yourself in for:

    -a small step above physical and emotional hell
    -it is likely to be one of the most physically demanding things you will ever attempt

    ...gut, dass ich das erst jetzt lese!

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