Früh am Morgen brechen wir auf - ich bin ganz schön müde aber freue mich so auf den Tag, dass ich auch ganz aufgeregt bin.
Als erstes steht eine Zodiactour auf dem Programm. Dafür fahren wir zurück zu der Gletscherlagune. Der Himmel ist fast schwarz und als wir am Parkplatz halten und aussteigen wollen, fängt es so an zu schütten, wie wir es hier noch nicht zuvor erlebt haben. Ich werde schon ganz traurig, weil ich den Ausflug ins Wasser fallen sehe - aber wieder mal stimmt das Zitat aus dem Reiseführer "Wenn du in Island schlechtes Wetter hast - warte 5 Minuten!", denn minutenspäter verziehen sich die Wolken und die Sonne schaut heraus. Wir werden vom Touranbieter mit wind- und wetterfesten Anzügen und Rettungsweste ausgestattet und ohne jeglichen Kommentar oder einer Sicherheitseinweisung des Steuermanns in ein festeres Schlauchboot gesetzt. Benni und ich ergattern (wie immer) die besten Plätze (ganz vorne!), setzen uns seitlich auf den Rand und dann tuckern wir auch schon los. Zunächst eine relativ gemütliche Fahrt, vorbei und über die durchs Wasser treibenden Eisschollen, vorbei an neugierigen Seehunden und ganz dicht vorbei an großen Eisbergen, die meterhoch aus dem Wasser ragen. Wir genießen die Aussicht auf die Gletscherzunge, die vielen glitzernden Eisteile, die umher schwimmen, bis der Bootsführer plötzlich Gas gibt. Das Boot reißts nach oben und wir schaffen es gerade noch rechtzeitig uns an den Schnüren im Boot festzuhalten. Wir sitzen nicht mehr gemütlich auf dem Bootsrand, sondern stehen angestrengt im Inneren des Zodiacs.. Hinter uns sieht es ganz entspannt aus - 6 andere Touris sitzen immer noch locker und gemütlich rum, während wir uns gegenseitig zuschreien, wie man hier vorne am besten den Halt behält. Das Boot wird langsamer und ich merke jetzt schon jeden Muskel im Nacken und an den Armen, die ich hier minutenlang angestrengt habe.
Wir halten direkt vor der Gletscherzunge und der Motor wird ausgestellt. Auf einmal hört man es rumpeln - etwa so wie ein lauter Donner- und wir sehen, wie direkt vor uns ein Stück des Gletschers abbricht und ins Meer fällt.
Nach 40 Minuten fahren wir wieder zurück ans Ufer - meine Hände sind zuletzt fast taub vom Festhalten am Boot - aber eine geniale Tour!!!
Heute haben wir noch einiges vor - deshalb geht es von der einen Gletscherzunge direkt zur nächsten, denn dort wartet am mittag eine Gletscherwanderung und Eisklettern auf uns. Auf dem größten Gletscher Europas!
Am Ausflugsbüro erkundigen wir uns nach dem Treffpunkt und bekommen die Info, dass es heute so windig ist, dass einige Touren abgesagt werden müssen. Zum Glück kann unsere Tour noch statt finden und Ruckzuck haben wir (viel zu) dicke Winterkleidung, Kletterschuhe und Klettergurt angelegt und bekommen die passenden Steigeisen in die Hand gedrückt. Dazu noch nen Helm und einen Pickel und dann kanns auch schon losgehen. Gemeinsam mit 2 Spaniern werden wir zum Beginn der Wanderung gefahren, wo uns ein Guide erklärt, wie man die Steigeisen benutzt. Ich laufe unsicher wie ein Storch im Salat, damit ich nicht über meine eigenen Füße falle und mir oder womöglich einem anderen ausversehen mit dem Pickel noch ein Auge aussteche. Zur Übung laufen wir erst einmal über relativ weiches Eis, versuchen uns dann an steileren Wänden und springen bald schon wie Gemsen über Gletscherspalten. Kurz drauf stehen wir vor einer senkrechten Wand und der Guide verkündet, dass wir hier hochklettern werden. Ich lache und will schon weiter laufen... aber es war kein Spaß. Mir wird etwas schlecht und während Benni sich schon als ersten Freiwilligen meldet, sortiere ich noch meine Handschuhe, Füße, Arme, Pickel und denke über Ausreden nach, die jetzt zählen könnten.
Benni klettert los und ist viel zu schnell oben. Erntet dann auch noch jede Menge Lob des Guides "so ein Climb hat er noch nie bei einem Anfänger gesehen", "das war wie ein Profi" - jetzt packt mich natürlich der Ehrgeiz und ich kletter leichtfüßig und kaum angestrengt hinterher ;o) Bis auf einen Abrutscher (ziemlich weit oben), bei dem Benni unten schon dachte, er müsse sich wohl eine neue Freundin suchen, komme ich fast genauso gut den Berg hoch und hab dabei noch jede Menge Spaß! Die Spanier, die sich zuest drücken wollten, stellen sich dagegen ziemlich unsportlich an und geben schon auf halber Strecke auf...
Danach wandern wir noch zwei Stunden auf dem Gletscher umher - mittlerweile relativ locker und entspannt - trinken kaltes, frisches Gletscherwasser und besichtigen tiefe Gletscherspalten. Und das ganze bei einem traumhaften Wetter - lange Unterhose und 3 Pullis hätte man sich sparen können...wir schwitzen wie verrückt.
Insgesamt ein sehr gelungener Tag - mit zwei absoluten Highlights! Wir haben so viel Glück mit dem Wetter. Unglaublich. Einige Reisende, die wir auf dem Weg getroffen haben und die mit uns angekommen, dann aber die Reiseroute in die entgegengesetzte Richtung gewählt haben, werden fast wütend, wenn wir von unseren (untypischen) sonnigen Tagen auf Island erzählen....
Mittlerweile ist es Abend und so langsam sollten wir uns auf den Weg in Richtung Seydisfjördur machen, wo übermorgen früh die Fähre zurück nach Dänemark geht. Den morgigen Tag werden wir deshalb einige hunderte Kilometer an der östlichen Küste abklappern und die letzten Stunden in diesem wundervollen Land genießen, bevor wir die Reisetabletten zücken und auf weniger Wind und Wellengang hoffen als bei der Herfahrt.